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Geplante Veranstaltungen für 2024
Bauernhäuser, die das Ortsbild prägen
von Hans-Peter Rupp
Das Dorf, wie wir es heute vorfinden, war seit jeher verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die eine Veränderung der Architektur und des Ortsbildes auslösten. War dies früher eher ein kontinuierlicher Wandel, so hat der soziale Wandel und die Technisierung eine schnelle und einschneidende Veränderung mit sich gebracht.
Die ländliche Architektur und die Gestaltung des Freiraumes waren, über Jahrhunderte geprägt durch die Wirtschaftsform, die landschaftlichen Gegebenheiten, die territoriale Zugehörigkeit und zeitgeschichtliche Einflüsse. In diesen Rahmenbedingungen entstanden individuell geprägte Orte, die jeweils spezifische Haustypen und eine charakteristische Dorfgestaltung aufwiesen. Gerade diesen besonderen Charakter eines Ortes, der sich z.B. im Ortsgrundriß, der Baugestaltung und dem Baumaterial, der Lage und Gestaltung der Hofflächen und den Hausbäumen ausdrückt, kommt ein besonderer Wert zu, der Ausgangspunkt für die erhaltende Dorf-entwicklung sein sollte. Neben der Erhaltung alter Substanz sollte aber auch eine Neugestaltung stehen, die Überkommenes zum Vorbild nimmt und sich einpasst, um eine Einbindung in das Dorfbild zu gewährleisten.
Remmesweiler im 19. Jahrhundert
Siehe Gemeindekarte
Der Kartenausschnitt zeigt die bebaute Ortslage von Remmesweiler im 19. Jahrhundert. Die Häuser sind schwarz dargestellt, ebenso die Friedhofsfläche am nördlichen Rand (Kappelteich) Die fünf alten Siedlungskerne sind durch Kreise hervorgehoben.
Die Gebäudezählung ergab 1849 folgendes Bild:
Schulhäuser- 2
sonstige öffentliche Gebäude 1
Wohnhäuser 87
Mühlen/Magazine/Fabrikgebäude 2
landwirtschaftliche Gebäude 3
Ställe, Scheunen , Schuppen 40
Bei Angaben der landwirtschaftlichen Gebäude ist zu vermuten, dass es sich um kleinere selbstständige oder angebaute Schuppen handelt, die nicht beim Hauptgebäude mitgezählt wurden.
Diese Statistik erwähnt den Glockenturm nicht, der aber zweifelsohne bestand. Neben den beiden Schulhäusern zählte das Spritzenhaus zu den öffentlichen Gebäuden. Die drei gewerblich genutzten Gebäude waren eine Mahlmühle, eine Ölmühle und eine Ziegelei. Insgesamt wohnten damals in 98 Haushalten 489 Personen.
Bei der Darstellung der Remmesweiler Bauernhäuser, die um 1830 gebaut, bzw. zu ihrem heutigen Erscheinungsbild umgebaut wurden beschränke ich mich auf eine kleine Anzahl.
Dieser Haustyp prägt noch heute den Kern von Remmesweiler.
Rückblick auf das 19. Jahrhundert
Haupterwerbszweig war die Landwirtschaft, auch Handwerker betrieben zumeist Nebenerwerbslandwirtschaft . 1812 gab es in Remmesweiler 44 Bauern, 11 Tagelöhner und 6 Handwerker (im einzelnen: 1 Müller, 1 Schmied, 2 Wagner, 1 Zimmermann, 1 Gerber).
Im Jahre 1849 waren es 425 Personen, die vom Landbau leb(t)en . Frauen, Kinder und Tagelöhner sind hierbei mitgezählt. Nebenerwerbslandwirtschaft betrieben 64 Personen, 6 Knechte und 21 Mägde unterstützten die Bauern des Dorfes. Insgesamt 15 Männer waren in anderen „Branchen“ tätig. (im einzelnen: 1 Bäcker und 1- Gehilfe, 2 Schneider, 1 Zimmermann und Gehilfe, 1 Maurer und 2 Hilfsmaurer, 1 Schmied, 2 Kurzkrämer, 2 Wirte und 1 Kommunalbeamter.
Das Ortsbild wird von drei wesentlichen Komponenten bestimmt: dem Grundriss, der Flächennutzung und den jeweiligen Gestaltungselementen. In ihrer jeweiligen Zusammensetzung ergeben sie das spezifische Ortsbild.
Die städtebauliche Anlage des älteren Bereiches von Remmesweiler hat den Grundriss eines Mehrstraßendorfes mit räumlichen Schwerpunkten. Diese Verdichtungen, in allen Fällen platzartige Gruppierungen, sind gleichzeitig die ältesten Kerne des Dorfes. Bei diesen Standorten handelt es sich um hochwasserfreie, flache Bereiche im Übergang von der Bachaue zum Hangbereich. Hier wurde die Gebäudestellung dem Gelände bzw. der Parzellenstruktur angepasst, so dass sie schräg und giebelständig zur Straße stehen. Zwischen diesen platzartigen Erweiterungen- sie sind der Karte zu entnehmen- stehen die Häuser parallel zur Straße. Der Straßenraum ist weitläufig und offen. Die Hofflächen liegen vor dem Haus, sie waren ohne Einfriedung und stellten so einen fließenden Übergang vom privaten zum öffentlichen Bereich her. Wesentliches Gestaltungsmerkmal der Vorfläche sind die Hausbäume, die zumindest zu jedem Bauernhaus gehörten. Für Remmesweiler charakteristisch sind die Walnuss- und der Birnbaum, die sich heute noch auf vielen Hofflächen finden. Seit der Jahrhundertwende kam auch die Kastanie als Hausbaum in Mode. Im Jahre 1878 waren es 21 Wal-nussbäume , heute kommt der Walnuss noch achtmal als Hausbaum vor.
Formen der Bauernhäuser
Für das 19. Jahrhundert ist das breitgegliederte Einhaus als Bauernhaus prägend. Die funktionale Einheit von Wohnung, Stall und Scheune unter einem Dach führt zu dieser Bezeichnung. Von anderen Einhäusern unterscheiden sie sich durch die Aufteilung in Wohn- Wirtschaftsteil quer zur Firstrichtung. Vorläufer dieses Einhauses war das Gehöft mit getrennten Wohn- und Wirtschaftsteil . Die Gebäudeerschließung des Einhauses erfolgte von der Längsseite her.
Im 19 Jahrhundert wurden viele kleine freistehende Schuppen und Anbauten errichtet- sie sind auf der Karte verzeichnet. In der entsprechenden Tractus- Karte von 1769 finden sich solche Nebengebäude nur in Ausnahmefällen.
Der Wirtschaftsteil des breitgegliederten Einhauses hat zumeist die 1.5 bis 1.6 fache Länge des Wohnteils. Eine mögliche Innenaufteilung zeigt die folgende Abbildung, wie sie für einen Wohnteil mit vier Räumen typisch ist.
Siehe Grundriss eines Bauernhauses in Remmesweiler- Baujahr 1820.
Baubeschreibung
Die Bauernhäuser des 19. Jahrhunderts sind in Massivbauweise ausgeführt, Fachwerk findet sich nur noch in Ausnahmen im Giebeldreieck. Bauholzkosten und Bauvorschriften ließen schon im 18. Jahrhundert die Fachwerkbauweise verschwinden.
Die Außenwände wurden als Bruchsteinmauerwerk in Kalkmörtel ausgeführt, dazu verwendete man den örtlichen anstehenden Sandstein. Die Fenster, Türen und Tore erhielten Umrahmungen aus behauenen Sandsteinen. Für die Decken- und Dachkonstruktion verwendete man Eichenbalken, später dann Nadelholz. Schwemmsteine kamen Ende des letzten Jahrhunderts für die Decken im Stallbereich oder als Wandmaterial zur Anwendung. Mauerziegel, gebrannt oder ungebrannt, fanden bei Innenwänden und im Kamin bzw. Backofen Verwendung.
Das Dach
Die gängige Dachform ist das Satteldach, bei freistehenden Häusern kommt auch ein Krüppelwalm vor. Die Dachneigung beträgt zumeist um 45 Grad. Als Eindeckungsmaterial finden wir rote Tonziegel, die sogenannten Biberschwänze wurden ausgangs des letzten Jahrhunderts vom Falzziegel abgelöst. In Einzelfällen wurde auch Schiefer als Eindeckungsmaterial gewählt, sofern man sich dieses schon damals teure Material leisten konnte. Dachaufbauten in Form von Gauben sind meist nachträgliche Umbaumaßnahmen, um den Dachraum intensiver nutzen zu können.
Die Fassade
Betrachtet man die Hauptschauseite des Hauses, so fällt einem die fast strenge Gliederung auf. Optisch bestimmend ist die Teilung in Wohn- und Wirtschaftsteil, der Wohnteil wird durch die Anordnung der Wandöffnungen gegliedert. Die Fenster der beiden Geschosse liegen direkt übereinander, auch die Stütze der Fenster und der Haustür bilden ebenfalls eine einheitliche Linie. Diese Regelhaftigkeit wird durch die Bänder des Sockels, der Gesimse und der vertikalen Lisenen noch verstärkt.
Der Sockel wird aus Sandsteinquadern gebildet, die eine glatte Oberfläche aufweisen. Ähnlich sind auch die Lisenen gestaltet, die als senkrechte Bänder an den Gebäudeecken und im Übergang zwischen Wohn- und Wirtschaftbereich zu finden sind. Sofern Gesimse vorkommen, handelt es sich um profilierte Deckengesimse, die das Erdgeschoss vom Obergeschoss trennen. Den Übergang zwischen Wandfläche und Dachfuß schafft ein profiliertes Traufbrett.
Der Wirtschaftsteil wird vom Scheunentor bestimmt, das häufig in der Mitte sitzt, dazu sind dann Stallfenster und –türen symmetrisch angeordnet, deren Stürze in gleicher Höhe liegen.
An weiteren Öffnungen finden sich Luftluken im oberen Bereich des Wirtschaftsteiles. Sie weisen zum Teil recht interessante Formen auf (z.B. Herz, Oval), zumeist sind es aber einfache Rechtecke.
siehe Bauernhäuser
Die Gestaltung der Haustür, der Fenster und des Scheunentores
Das Format der Türen und Fenster des Wohnteils ist hochrechteckig, das heißt, ein Fenster ist höher als es breit ist. Fenster mit einem flachbogigen Sturz gehören zu Häusern aus dem 18. Jahrhundert oder zu Häusern, die bis Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. In aller Regel haben die Häuser, die nach dieser Zeit gebaut oder umgebaut wurden, einen waagerechten Sturz bei den Fenstern und der Haustür. Anders dagegen die Scheunentore, bei denen eine größere Strecke überbrückt werden muss, hier wurden im Sturz immer Bogenformen verwendet. Ein flacher Bogen und der sogenannte Korbbogen sind für Remmesweiler typisch.
Die Umrahmungen der Fenster, der Haustür, der Stalltüren und- fenster und des Scheunentores sind in allen Fällen aus behauenen Sandsteinen ausgeführt. Es gibt hierbei eine Vielzahl von Möglichkeiten, dem Haus eine besondere Note zu geben, zum einen konnte man hier zeigen, wie reich man war und wie viel man sich leisten konnte, zum anderen hat der Steinmetz seine persönliche Note hier einfließen lassen.
Die Seitengewände und der Sturz sind bei den Fenstern einfach ausgeführt, lediglich die Kante erhielt einen Falz. Die Sohlbank ist in unterschiedlichen Formen gestaltet. Einmal ist profiliert und hat Vorlage, ein anderes Mal ist sie wie die Seitengewände gestaltet, nur der Falz entfällt,da die Sohlbank Gefälle nach außen aufweist, das in etwa der Falzbreite entspricht.
Die Fensterflügel bestehen aus zwei Drehflügeln aus Eichenholz, die nach innen aufgehen und an einem Blendrahmen angeschlagen sind. Zwei bis drei Sprossen pro Flügel unterteilen das Fenster in sechs bis acht kleine Felder. Die Holzteile der Fenster sind weiß lackiert und heben sich damit gut von den Sandsteingewänden ab.
Bei der Gestaltung der Haustür wurde größter Wert auf Schmuckelemente gelegt. Türblatt und Umrahmung sind zumeist Blickfang aufgrund ihrer künstlerischen und handwerklichen Gestaltung. Türsturz und Seitengewände erhielten reiche Profilierungen, insbesondere zeigt der Türsturz häufig Baujahr, die Initialen der Erbauer und Schmuckelemente. Eine häufige Grundform stellen die geohrten Gewände dar. Abschluss über der Inschriftplatte bildet in der Regel ein Gesims. Die ursprünglich übliche quergestellte Tür wurde im letzten Jahrhundert durch eine einteilige oder zweiteilige Tür mit Oberlicht abgelöst. Türen aus dem letzten Jahrhundert sind in Remmesweiler nur noch in wenigen Exemplaren vorhanden. Die einteiligen Holztüren mit einem Fenster in der oberen Hälfte und aufgesetzten Verzierungen, die um 1900 eingebaut wurden, sind dagegen noch häufig anzutreffen.
Die Stalltüren und- fenster sind umrahmt von einfachen Hausteingewänden aus Sandstein. Die Stalltüren sind in allen Fällen quergestellt, die quadratischen Stallfenster sind durch Sprossen unterteilt.
Das Scheunentor, dessen Sturz als Korbbogen oder Segmentbogen ausgebildet ist, zeigt in seiner Umrahmung die sogenannten Prellsteine am Fuß und die Kämpfersteine in halber Höhe. Auf ihnen liegt der Torbogen, dessen höchster Punkt vom Schlussstein eingenommen wird. Diese besonderen Steine weisen Profilierung auf. Die Zwischenglieder sind glatte Sandsteingewände und Bogensteine. Die klassizistische Portalarchitektur mit den Sandsteinquadern und verschiedenen Zierelementen kam in Remmesweiler in zwei fällen vor.
Die Tore sind Drehflügeltore mit zwei Drehflügeln, die nach innen aufgehen. In das große Tor ist eine sogenannte Mannstür integriert, die unabhängig vom großen Tor zu öffnen ist. Es handelt sich um Holztore, die als Brettertore mit stumpfem Stoß oder Nut und Federverbindung vorkommen. Den tragenden Rahmen bilden Quer- und Diagonalriegel.
Putz und Farbe
Es war üblich, die Häuser mit Kalkputz zu versehen. Der Putz wurde nur mit der Kelle glatt gestrichen. Eine gewisse Struktur bringt die Körnung des verwendeten Sandes mit sich. Als Farbton wurde eine helle Farbe gewählt. Häufig wurde nur die Vorderseite gestrichen.
Hausumgebung
Die Hoffläche, in der Regel vor dem Haus gelegen, prägt maßgeblich den weitläufigen Straßenraum. Da sie Wirtschaftsfläche war, sind gestalterische Elemente rar. Die Befestigung der befahrenen Bereiche erfolgte mit Hartsteinen oder Sandsteinen. Einzige Grünelemente waren der Hausbaum und der Weinstock an der Fassade des Wirtschaftsteiles oder an der Wohnteilgiebelseite.
Der Hausgarten
Den Hausgarten findet man neben oder hinter dem Haus, auf jeden Fall angelegt, dass er ausreichend besonnt wird. Weit verbreitet war die Aufteilung in vier Felder durch Kreuzförmige Erschließung. Allerdings waren Beete nur in Ausnahmefällen mit niedrigem Busch-hecken eingefasst. Diese Grundriesform erinnert, vor allem wenn sich in dem Kreuzpunkt der Wege noch ein Rondell findet, an Barockgärten. In allen Fällen schützt der einfache Staketenzaun den Garten vor dem Vieh.
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Schlussbetrachtung
Das neue Interesse an einer Wiederbelebung des baulichen Erbes ist die Antwort auf die Zerstörung vertrauter Dinge in der von fortschritt geprägten Nachkriegszeit. Die Menschen entdecken zunehmend ein „Heimatgefühl“. Baudenkmale, alte Bäume, alte Ortskerne- all das sind Dinge, die die Bindung an die Vertraute Umgebung und damit die Identifikation mit einem Ort fördern. Sie machen den Raum, das Dorf unverwechselbar, geben ihm seine besondere Eigenart, anders als es viele leider zu uniforme Neubaugebiete können.